Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa – was tun?

Zwei Versuche von Hartwig Berger

„Was wird aus Europa, wenn ein großer Teil
seiner Jugend keine Zukunft mehr hat?“
Erhard Eppler

1. Vorgeschichte zu zwei Projekten

2. Anwerbung in Andalusien

3. Ein Förderprogramm und seine Mängel

4. Wohnungs-Odyssee

5. Vorschläge zur Verbesserung des Programms

6. Aus heiterem Himmel

7. Er geht auch anders

8. In die Hände gespuckt

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1. Vorgeschichte zu zwei Projekten

Ende 2012 fahre ich in die Kleinstadt Paterna de Rivera in der Provinz Cádiz. Ich will mir in dieser Region ein Bild von der sozialen Lage machen und mit Freunden und Bekannten aus dem Ort über mögliche EU-Projekte sprechen. Das Vorhaben, das wir gemeinsam entwickeln, ist eine Grundausbildung arbeitsloser junger Männer und Frauen zu Energieberatern. Uns erscheint das sinnvoll und aussichtsreich, weil eine effiziente Nutzung von Energie hier wenig entwickelt ist, zugleich die Energiepreise sehr hoch sind und vor allem viele Haushalte und Betriebe ein prekäres, mit Arbeitslosigkeit und Krise weiter schwindendes Einkommen haben. Die Idee ist, dass die jungen Leute mit ihren erworbenen Kenntnissen auch einen Lebensunterhalt verdienen können, sofern die finanziellen Gewinne durch erfolgreiches Energiesparen zwischen Haushalt bzw. Betrieb und den Beratern aufgeteilt werden.

Wir geben dem geplanten Projekt den Titel „Mehr Arbeit mit weniger Energie“ .

Ich kenne die Region seit fast 40 Jahren, doch die soziale Lage, die ich jetzt in der Region übertrifft meine Befürchtungen. Zahlen sprechen für sich: Die Arbeitslosigkeit in der Provinz liegt bei 40%, weit oberhalb des spanischen Durchschnitts von damals 27%. Im Ort, den ich besuche, sind Ende 2012 fast 1.400 Arbeitslose registriert – bei 5.600 Einwohnern. Dazu kommen einige hundert meist Frauen, die ohne Arbeit sind, aber als hin und wieder in der Landarbeit Tätige in der Statistik nicht aufgeführt werden.

Für die besonders Arbeitslosigkeit in der Region gibt es mehrere Ursachen: Die vollständige Mechanisierung, die hier gänzlich auf Großgütern im Auftrag der meist anderswo lebenden Eigentümer betrieben wird. Der Zusammenbruch der Bauwirtschaft seit 2007, der berühmt-berüchtigten Immobilienblase. Schließlich der Niedergang und die Schließung vieler Metallbetriebe – Werften, Betriebe der Autobranche – in der Bucht von Cádiz. Arbeitslos ist man/frau meist auf Dauer, manchmal mit kurzzeitigen Unterbrechungen, häufiger seit Jahren. Die Arbeitslosenhilfe liegt bei 420 € monatlich. Da für sie eine vorausgehende Arbeit von einjähriger Dauer nachzuweisen ist, erhalten viele sie nicht, nach Schätzung der Gewerkschaften trifft das in ganz Andalusien für 50% der Arbeitslosen zu. Die jungen Leute unter 25 Jahren, hier zu mehr als 75% arbeitslos, können ganz überwiegend keine Ansprüche geltend machen. Eine reguläre Arbeit für längere Zeit hatten wenige von ihnen und somit keine Anrechte. Zudem sind als Folge der „Austeritätspolitik“, die man hier „Austerizid“ nennt, seit Sommer 2012 auch diese Hilfen gestrichen worden, wenn die jungen Männer oder Frauen bei ihren Eltern leben. Und das ist angesichts der geringen Familieneinkommen fast immer der Fall .

Junge Menschen sind es vor allem, die mich immer wieder bestürmen: Hier haben wir keine Zukunft. Kannst Du uns eine Arbeit in Deutschland beschaffen oder vermitteln? Das kann ich nicht, will mich auch eigentlich dafür engagieren, dass sie in ihrer Heimat Arbeit finden, aber ich sichere nach vielen Gesprächen doch zu, dem in Berlin nachzugehen.

Kurz nach meiner Rückkehr erfahre ich, dass die für Arbeit und Soziales zuständige Ministerin ein Förderprogramm mit endlich europäischem Horizont in Geltung gesetzt hat: Ab Jahresbeginn 2013 können mit einer zunächst dreistelligen Millionensumme bis Mitte 2016 arbeitslose jungen Menschen zwischen 18 und 35 Jahren, die aus europäischen Krisenregionen stammen, eine von der Bundesregierung finanzierte duale Ausbildung in Deutschland erhalten. Ohnehin wollte ich mit der Handwerkskammer Berlin über Ausbildungsmöglichkeiten in Energiesparen und erneuerbare Energien reden. Warum nicht dieses Förderprogramm nutzen? Meine Gesprächspartner in der Kammer sehen das genauso und so vereinbaren wir, es auch mit Ausbildungsangeboten in Berlin zu versuchen. Im Unterschied zum in Andalusien selbst geplanten Projekt „mehr Arbeit mit weniger Energie“, das ich weiter verfolge.

Die Handwerkskammer erörtert mit der Innung „Sanitär-Heizung-Klima-Energie“, kurz: „SHK“ in Berlin, ob und welche der Handwerksbetriebe aus ihrer Branche bereit und interessiert sind, junge Arbeitslose aus dem spanischen Süden zur Lehre einzustellen. Zugleich fragt sie ein geeignetes Oberstufenzentrum in Berlin, ob diese im Rahmen der dualen Ausbildung dabei mitwirkt. Schließlich stellt der Unterricht an Menschen, welche die deutsche Sprache erst lernen, besondere Anforderungen. Ich sichere zu, nach Zusagen aus Berlin den Vorschlag vor Ort zu verbreiten, zu informieren und junge Leute bei ihrer Bewerbung zu unterstützen.

Unsere Bemühungen haben Erfolg. Handwerkskammer und Innung finden im Ergebnis 15 Betriebe, die jeweils eine/n junge/n Spanier/in zur Ausbildung übernehmen wollen. Das Ausbildungszentrum der Innung unterstützt die Betriebe bei den notwendigen administrativen und der Integration dienenden Aufgaben. Die Max Taut Schule übernimmt ihren Teil der Ausbildung. Allerdings soll es schnell gehen: Ab Oktober müssen die jungen Andalusier für Betriebspraktikum und Sprachkurs in Berlin sein, sonst würde sich der Ausbildungsbeginn um ein halbes Jahr verschieben.

2. Anwerbung in Andalusien

Nach Vorabsprache mit zwei andalusischen Bürgermeistern habe ich im Juli 2013 das Angebot einer Ausbildung in der Berliner SHK-Branche vor Ort verbreitet, gemeinsam mit einer dort lebenden jungen Frau, die als Pädagogin qualifiziert ist, mehrere Jahre in der Beratung für Arbeitslose tätig war und die Deutsch spricht. Ich mache das ehrenamtlich, meine Kollegin erhält ein kleines Honorar vom Rathaus. Wir beschränken die Werbung auf vier „pueblos“, ehemals stark durch Landarbeit und Tagelöhner geprägte Kleinstädte zwischen 5.000 und 12.000 Einwohnern, gelegen in der gaditanischen Feldmark. Sie gehören zum Gemeindeverband „La Janda“. Trotz des Einsatzes auch moderner Informationskanäle , vereinzelter Plakatwerbung der Rathäuser und einiger Veranstaltungen erweisen sich persönliche Ansprache und vor allem die Bekanntschaft der beiden Organisatoren in einem der Orte als wirkungsvollste Motivation. Allerdings hat das auch zur Folge, dass in der Bewerberliste die angestrebte Ausgewogenheit zwischen den Orten nicht zu erreichen war. Auch gelingt es, bei ganz wenigen Ausnahmen, nicht, junge Frauen als „Kandidatinnen“ zu finden. Hauptgrund dafür ist, dass eine Voraussetzung der Berliner Innung die Absolvierung einer Realschule mit technischem Schwerpunkt war. Eine gleichwertige Vorbildung von Frauen bewegt sich in diesen Orten fast immer im administrativen, sozialen oder „weichen“ handwerklichen Bereich wie dem der Frisierkunst.
Es gab 25 Bewerber. Die Auswahl unter ihnen trafen die Berliner Betriebe über die Innung, die dafür eine im Praktikum beschäftigte spanische Ingenieurin eingeschaltet hatte. Die Fernkommunikation ließ sich durch Nutzung von „Skype“ visualisieren. Die Ingenieurin übernahm auch Beratungs- und Administrationsaufgaben, soweit sie von Berlin aus zu leisten waren. Den Sprachkurs bereiteten wir vor und im Ort vor. Dessen weitere Organisation sowie die sehr umfangreiche und sehr zeitaufwendige Formulararbeit mit und für die „Zentrale Auslands- und Fachvermittlung“ (ZAV), die Koordinationsstelle der Bundesagentur für Arbeit, soweit aus der Region zu leisten, übernahm meine dortige Kollegin.
3. Ein Förderprogramm und seine Mängel
Bereits in den vorbereitenden Stadien des Projekts wurden einige Defizite erkennbar, die sich mit Regelungen des Förderprogramms stellen. Vorweg sei die Richtlinie zur Förderung der Mobilität Jugendlicher in Europa (MoBiPro-EU), soweit sie sich auf Ausbildungen bezieht, kurz erläutert :
Voraussetzung für die Förderung ist eine Vereinbarung zwischen einem ausbildungsberechtigten Betrieb und der beantragenden Person, die wiederum zwischen 18 und 35 Jahre, arbeitslos und ohne abgeschlossene Berufsausbildung, sein muss. Gewährt wird zunächst eine Finanzierung (in bestimmter Höhe) eines Basis-Sprachkurses im Heimatland sowie im Grundsatz die Erstattung der Fahrkosten an den Ort des Betriebs in Höhe von 300 €. Insgesamt werden so zwei Mal im Jahr Hin- und Rückfahrten erstattet. Im vorgeschalteten dreimonatigen Praktikum wie später in der Ausbildungsphase wird die Grundzahlung des Betriebs von der ZAV auf 818 € monatlich aufgestockt. Der geforderte Sprachkurs in Deutschland wird ebenfalls finanziert.
1.

Wenn erreicht werden soll, dass stark vom Arbeitsmarkt marginalisierte junge Menschen in den Genuss der Förderung kommen, muss eine Anwerbung auch und gerade in solchen Gebieten erfolgen, die in denen die Arbeitslosigkeit besonders hoch liegt und Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu sichern, besonders schwer erreichbar sind. Würde die Anwerbung in EU-Ländern nur über die zentralen Arbeitsämter – in Spanien etwa Madrid, Bilbao, Sevilla, Valencia – erfolgen, selektiert das tendenziell sozial im Schnitt etwas günstiger gestellte Schichten mit relativ (etwas) besseren Zugangschancen zum Arbeitsmarkt. Aus der unmittelbaren Interessenlage Deutschlands und der Betriebe ist das vielleicht kein Nachteil, gemessen an den sich stellenden Integrationsaufgaben könnte das sogar vorteilhaft sein. Nach dem für die Europäische Union zentralen Prinzip, die Kohäsion der einzelnen regionen zu mindern, auf keinen Fall aber zu fördern, ist das jedoch problematisch. „MoBiProEU“ sollte nicht einfach ein Programm nicht nur im nationalökonomischen Interesse, sondern mit einem europäischen Horizont sein. Es sollte auch Impulse in die Herkunftsregion der Angeworbenen geben können, z.B. durch Qualifizierungen, welche die jungen Menschen auch für wirtschaftliche Aktivitäten in ihrer Heimatregion nutzen können. Ich habe seinerzeit deshalb bewusst eine hoch marginalisierte Region als „Modellprojekt“ vorgeschlagen und halte im übrigen gerade dort eine umwelttechnische Qualifikation für zukunftsträchtig. Ein/e „SHK“-Qualifizierte/r kann z.B. im erneuerbaren Energiesektor, im Bereich von Heizungs- und insbesondere Klima-Anlagen oder in der Modernisierung der Wasser- und Abwassersysteme arbeiten. Für all dieses besteht gerade in marginalisierten regionen Südeuropas ein erheblicher Zukunftsbedarf.
2.

Ein erster vorbereitender Sprachkurs in der Heimatregion ist sicher sinnvoll, insofern er die Gelegenheit zur sozialkulturellen Vorbereitung auf die zu erwartenden neuen Verhältnisse bietet. Die Sprachlehrerinnen in unserem Beispiel haben diese Aufgabe auch wahrgenommen. Das pure Erlernen einer Sprache dagegen ist im Gesellschaftsumfeld der Sprache erfahrungsgemäß weit wirkungsvoller. Es erscheint mir daher sinnvoller, Intensität und Dauer das Sprachlernens in Deutschland zu erweitern, dafür ggf. die Lernphase im Heimatland zu verkürzen.
3.

Der „Formularkram“ der nach den Regelungen des Programms bereits im und aus dem Heimatland zu leisten ist, erscheint mit nach den im SHK-Projekt gemachten Erfahrungen zu aufwendig und kompliziert. Er ist größtenteils von den Bewerbern selbst zu leisten, das gelingt jedoch nur, wenn

  • diese eine elaborierte akademische Ausbildung haben, also für eine Bewerbung nicht in Frage kommen, oder
  • einen engen Verwandten oder Freund haben, der über diese Qualifikation verfügt, oder
  • sich das als Dienstleistung erkaufen und
  • in jedem Fall auf Hilfspersonen mit guten Deutschkenntnissen zurückgreifen können; auch dann, wenn ein Teil der von ihnen erwarteten sprachlichen Übersetzungen per e-mail Verkehr von der Kontaktstelle in Deutschland geleistet wird.

Mit dieser Implikation wirkt das Programm zwangsläufig selektiv, zugeschnitten auf großstädtische Ballungsräume, was wiederum den eben genannten europäischen Ansprüchen widerspricht.

In SHK-Projekt war der Formularkram nur zu leisten, weil meine Kollegin in der „La Janda“ fachlich höchst kompetent war und diese Arbeiten, obwohl selbst arbeitslos, teilweise selbst ohne Bezahlung durchgeführt hat. Diese Konstellation ist sicher eine Ausnahme. Wenn das Programm MoBiPro-EU nicht nur auf große europäische Städte und sozial besser situierte Schichten beschränkt sein soll, muss die Formulararbeit in den Anwerberegionen professioneller organisiert sein und vor allem: der Formularaufwand einfacher gestaltet werden.
4.

Das Programm folgt dem Prinzip der nachträglichen Erstattung finanzieller Aufwendungen. Erst wenn die Flugtickets genutzt sind und der Beleg dafür eingereicht ist, werden sie beglichen. Vor Antritt des Sprachkurses wird vom Lernenden eine später zu erstattende 10%ige-Anteilzahlung verlangt. Erst wenn der Betrieb den Antritt der Ausbildung bzw. des vorgeschalteten Praktikum in Deutschland bestätigt, kann mit einer Bearbeitung Monatsüberweisung begonnen werden erfolgen . In unserem Fall waren das während des Praktikums 618 €, der Betrieb selbst zahlt 200 €. Jedoch verzögert sich die Bearbeitung, damit die Auszahlung mindestens um Wochen, in unserem um über einen und bis zu zwei Monaten..

Unter diesen Vorgaben müssen die bereits von Betrieben angenommenen Bewerbern meine Menge Geld vorschießen können, um nach Deutschland zu kommen und dort ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Hinzukommt die Zimmermiete, die zumeist zu Monatsbeginn zu entrichten ist. Das ist aber nur der günstige Fall, sofern zu Ankunft bereits eine Unterkunft verfügbar ist. Ansonsten ist häufig aus wirtschaftlichen Notlagen kommende Praktikant/Auszubildende gezwungen, solange in teureren Jugendhäusern, Pensionen etc. unterzukommen, bis er etwas findet.

Für den günstigen Fall bereits gefundener Unterkunft und unter Annahme einer etwa für Berlin eher günstigen Monatsmiete von 300 € wird sich die nötige Vorleistung auf 1250 € (bei einmonatigem Zahlungsverzögerung der „Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV)“) und 2.170 € (bei 2monatiger Zahlungsverzögerung) belaufen. Die Zahlungen der Betriebe allerdings wäre abzuziehen. Hingegen müssten die laufenden Kosten der Lebenshaltung in Deutschland noch addiert werden… .

In unserem Fall mussten die anreisenden Praktikanten – eine für Berlin eher günstige Monatsmiete von 300 € unterstellt – bis zu 800 € vorschießen, plus der von ihnen vorweg zu entrichtenden und im Vergleich weit höheren Lebenshaltungskosten in der neuen Stadt. Zu leisten ist das eigentlich nur von Bewerbern aus Familien mit Geldrücklagen, die überdies bereit sind, nie auszuschließende Risiken hinzunehmen. Damit droht eine nachträgliche und wegen des Verwaltungsaufwands zeitversetzter Erstattung gerade solche Arbeitslose auszuschließen, die dieses Angebot besonders dringend brauchen. Es würde sich im wesentlichen einer (noch) nicht gänzlich verarmten Mittelschicht beschränken.

Unser Projekt war aber ausdrücklich an Menschen gerichtet, die nicht einer wirtschaftlich halbwegs gesicherten Mittelschicht angehören. Alle waren langjährig arbeitslos, standen oft niemals in geregelter Arbeit und hatten alle deshalb keine finanziellen Rücklagen. In mehr als der Hälfte der Familien waren beide Elternteile ohne Arbeit. Und die oben geschilderte soziale Lage vor Ort, die Dauerarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit, auch im nationalen Rahmen, war für sie gerade der Anstoß, eine Berufsausbildung und vielleicht Zukunft in Berlin zu suchen.

Mit dem Zwang der dargelegten Vorleistungen allerdings wäre das Projekt bereits zu Beginn gescheitert, kaum jemand wäre – wie gleichwohl geschehen – nach Berlin angereist oder er/sie hätte das unter kaum zumutbaren Risiken tun müssen. Dies gelang nur, weil wir unkonventionelle Lösungen gesucht und gewählt haben. So schoss die Innung die Flugkosten vor. Die Wohnungssuche erfolgte weitgehend in privater Initiative, außerdem wurde in fast allen Fällen eine Rückstellung der Mietzahlung bis zur Zahlung des Monatsgehalts vereinbart, in den übrigen Fällen eine privater Kredit für die Vorauszahlung geleistet.

Dennoch war die finanzielle Situation der angeworbenen Praktikanten höchst beunruhigend. Ein Zeitpunkt der Zahlung der Zahlung der ZAV-Förderung von 618 € (200 € die Betriebe) zeichnete sich lange Zeit nicht ab. Nach vielen einschlägigen Initiativen aus unserem Projekt war auf Rückzahlung der Flugkosten und des Sprachkurs-Beitrags bis Monatsende wenigstens zu hoffen. (Sprachinstitut und ansonsten arbeitslose Lehrerinnen in der Heimatregion haben für ihre Arbeit von Anfang August bis Mitte September erst im Januar 2014 das zustehende Honorar erhalten). Wie die Praktikanten unter diesen Umständen ab Monatsende laufende Lebensunterhalt und laufende Zahlungsverpflichtungen begleichen können, stand damals in den Sternen und führte bei den Betroffenen zu erheblicher Verunsicherung und teilsweise zu deutlicher Demotivation.

Ich unterstelle nicht, dass die ZAV und ihre Angestellten nicht wirksam arbeiten. Doch war die Verwaltung offenkundig nicht mit dem notwendigen Personal ausgestattet worden, um den zusätzlichen Arbeitsaufwand mit dem MoBiPro-Programm auch nur annähernd bewältigen zu können.

Es bleibt die Befürchtung, dass sich das Förderprogramm in den südeuropäischen Krisenländern weitgehend auf die Anwerbung Auszubildender aus den Mittelklassen und den großen urbanen Zentren beschränkt. Sofern nicht die dargelegten Besonderheiten in der administrativen und finanztechnischen Umsetzung korrigiert werden.

4. Wohnungs-Odyssee

Niemand kann erwarten, dass junge Menschen, die zum ersten Mal unser Land betreten, sich selbst eine Unterkunft beschaffen. Die provisorische Unterbringung in Pensionen oder Gästehäusern aller Art können sie kaum bezahlen. Auch wird es schwierig bis schier unmöglich sein, auf sich gestellt, bei noch geringen Sprachkenntnissen, auf dem für sie völlig unvertrauten deutschen Wohnungsmarkt eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Davon abgesehen, dass sie dafür einen finanziellen Vorschuss brauchen, da Mieten beim Wohnungsantritt bezahlt zu werden pflegen und oft auch Kaution verlangt wird.

Sinnvollerweise sollten also die Betriebe, oder ihre Verbände, dafür Sorge tragen, dass die Auszubildenden bei ihrer Anreise eine Unterkunft zu angemessenen Bedingungen zu sorgen. Im SHK-Projekt haben das nur zwei Betriebe so gehandhabt. Im Verband verfolgte man den Plan, die jungen Leute in Familien deutscher Azubis zur Miete unterzubringen. Dieser Plan scheiterte jedoch zur Gänze oder wurde nicht ernsthaft verfolgt. Für 13 der prospektiv Auszubildenden gab es somit keine Unterkunft. Bemühungen über private Kontakte und Rundmails unabhängig von den Betrieben erbrachten, dass zunächst für die dreimonatige Probezeit bis Ende Dezember eine bezahlbare Unterkunft verfügbar gemacht werden konnte . Allerdings musste dazu entweder eine Rückstellung der ersten Miete ausgehandelt oder privat vorgeschossen werden. Man konnte von den anreisenden jungen Leuten – ohne eigene Einkommen und überwiegend aus Familien in Dauerarbeitslosigkeit – nicht erwarten, dass sie dieses Geld über die elementare Lebensvorsorge hinaus verfügbar hätten.

Die somit angelegten Wohnungsprobleme verschärften sich für die Zeit nach dem förmlichen Antritt der Ausbildung, die am 1. Februar begann. Vier der jungen Spanier nahmen von der Ausbildung Abstand, drei von ihnen waren – auch entmutigt durch die Problem von Unterkunft und Zahlungsverzögerung, – vorzeitig zurückgekehrt. Zwei hatten, wie erwähnt, eine Wohnung über den Betrieb; drei junge Männer konnten dank der Initiative eines engagierten Betriebsrats eine Wohnung beziehen; ein junger Mann konnte sein vorheriges Wohnverhältnis fortsetzen. Fünf jungen Männern war die zur Verfügung gestellten Wohnung drei Tage vor ihrer Rückkehr nach Berlin Ende Januar per Telefon fristlos gekündigt worden. Formalrechtlich möglich, da wegen des befristeten Provisoriums kein förmlicher Mietvertrag abgeschlossen war. Ein Paradefall von „Gastfreundschaft“ im neuen Land.

Ich habe daraufhin die jungen Männer zunächst teilweise bei mir, teilweise in einem Arbeiter- und Studentenwohnheim untergebracht. In diesem Heim hätte sich eine langfristige Unterkunft zu einem akzeptablen Mietpreis und zu guten Wohnbedingungen angeboten. Allerdings müssten die Spanier dazu eine Kaution von 600 € entrichten. Dieses Geld hatten sie, noch ohne jede Einkünfte weder vom Betrieb noch der ZAV, nicht verfügbar. Der Vorschlag an Handwerkskammer und/oder Innung die Kaution gemeinsam mit mir vorzuschießen, um sie nach der gesichert zu erwartenden Auszahlung der Umzugshilfe von 500 € durch die ZAV zurückzuerhalten, wurde nicht in Betracht gezogen. Auch ein weiterer Vorschlag, dass die stadtweit renommierte Institutionen mit dem Wohnheimbetreiber eine Zurückstellung der Kaution bis zum Eingang der Umzugshilfe zu vereinbaren suchen, wurde nicht aufgegriffen. Immerhin sicherte die Innung zu, bei der weiteren Wohnungssuche behilflich zu sein.

Allerdings war die damit beauftragte spanische Honorarkraft nur noch bis Mitte Februar beschäftigt. Dennoch gelang es ihr, für die fünf Wohnungssuchenden eine Unterkunft im Nordosten der Stadt ausfindig zu machen. Nach anfänglicher Zusage hielt die Hausverwaltung die Spanier unter Vorwänden hin, um zwei Wochen später die Wohnung anderweitig zu vermieten. Nach einer provisorischen Übergangslösung fanden drei der Betroffenen schlussendlich eine Unterkunft, von den übrigen warf einer, nach mehreren Tagen Notunterkunft in einem zu kostspieligem Gästehaus, trotz guter sprachlicher und fachlicher Voraussetzungen das Handtuch und kehrte in seinen Heimatort zurück. Sein befreundeter Kollege, inzwischen in seiner sechsten provisorischen Unterkunft, steckt noch nicht auf …: Vorläufiges Ende einer Odyssee, die Anlass zu einem der jetzt folgenden Vorschläge zur Verbesserung des ZAV-Programms Anlass gibt:

5. Vorschläge zur Verbesserung des Programms

  • Die Anwerbung sollte gezielt auch in den besonders stark vom Arbeits- und Ausbildungsmarkt marginalisierten Regionen erfolgen und hier eng mit den lokalen Institutionen wie Rathäusern, Arbeitsbüros und Gewerkschaften kooperieren.
  • Der Sprachkurs in Deutschland sollte ausgeweitet, der Sprachkurs im Heimatland stärker auf Integrationsvorbereitung ausgerichtet werden.
  • Der Formularaufwand muss einfacher gestaltet und auch im Herkunftsland für professionelle Unterstützung zu seiner Durchführung gesorgt werden.
  • Mit den anwerbenden Betriebe bzw. ihre Verbände bzw. Innungen ist verbindlich vor Anreise zu klären, dass sie bereits zur Anreise den Auszubildenden/Praktikanten einen für diese bezahlbaren Wohnraum anbieten. Auch sollte die erste Mietzahlung erst nach dem Eingang von Zahlungen der ZAV ( Erstattung Flugkosten, Sprachkurs, erste Monatsförderung) erfolgen.
  • Und vor allem: Die Bundesagentur für Arbeit ist über ihre Dienststelle ZAV zu verpflichten, unmittelbar nach Dienstantritt in Deutschland den Auszubildenden (und Praktikanten) die erste Monatsförderung oder zumindest einen Abschlag in vergleichbarer Höhe zu zahlen. Zudem ist die Arbeit so zu organisieren, dass alle zu erstattenden Aufwendungen sehr zeitnah beglichen werden. Ansonsten würde das Förderprogramm BewerberInnen aus Familien in Armut bzw. mit geringen finanziellen Rücklagen ausgrenzen.

Ich habe die Analyse der Defizite samt meiner Änderungsvorschlagen im Oktober 2013 an die verantwortliche Ministerin sowie an die ZAV geschickt. Im Antwortschreiben wurde auf Analyse und Vorschläge nur sehr bedingt eingegangen. Immerhin wurde eine Änderung der Richtlinie mitgeteilt, um die auch von mir monierten Zahlungsverzögerungen und ihre unsozialen Folgen etwas zu mildern. Sofern ein Wirtschaftsverband mindestens 10 Azubis anwerbe, könne er das als Projekt deklarieren, die zu zahlenden Beträge treuhänderisch übernehmen und so die Zeitverzögerungen vermeiden. Allerdings zeigte sich bald, dass die für den Verwaltungsaufwand von der ZAV gewährten Gelder nicht annähernd ausreichen, um diese Aufgabe zu realisieren.

6. Aus heiterem Himmel

Ende Februar 2014 verfügt die ZAV ohne „Vorwarnung“ die sofortige Stornierung des Förderprogramms. Begründet wird das mit einer „überaus hohen Nachfrage“, die zur Folge hat, dass die mit insgesamt 140 Mio € bewilligten Haushaltsmittel nicht mehr ausreichen, um das bereits vorliegende Antragsaufkommen zu finanzieren. Vorsorge für diese unschwer voraussehbare Situation war nicht getroffen worden. Insoweit erweisen sich die Erklärungen der neuen Bundesregierung, sich endlich stärker gegen die extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen EU-Regionen zu engagieren, als Fensterreden. Insbesondere die SPD, die das für das Programm zuständige Arbeitsministerium stellt, hat hier ein Glaubwürdigkeitsproblem. Auf keinen Fall darf man mit Förderprogrammen in der arbeitslosen Jugend Europas Erwartungen und Hoffnungen wecken, und diese dann urplötzlich und ohne Vorankündigung stoppen.

In der geschilderten andalusischen Region wurde deutlich, welche Folgen ein solcher Programmstop haben kann. Die Anwerbung von 15 jungen Arbeitslosen in das Berliner SHK-Handwerk veranlasste weitere junge Frauen und Männer dazu, auch eine Ausbildungsstelle in Berlin zu suchen. Ein knappes Dutzend erhielt denn auch eine Zusage von Berliner Betrieben anderer Innungen. Einige reisten dazu auf eigene Kosten nach Berlin, und kehrten nach dem vorläufigen Arrangement für die von der ZAV zu finanzierenden Deutschkurse wieder in ihre Heimatorte zurück. Jetzt sind sie „Neese“, wie mit Sicherheit viele andere junge Menschen in anderen Orten und Regionen Südeuropas. Die erwähnten jungen Andalusier jedenfalls sehen sich von der deutschen Regierung betrogen und verladen. So untergräbt man erfolgreich das ohnehin fragile Bewusstsein der Zusammengehörigkeit in unserer Staatengemeinschaft, gerade bei jungen Menschen, von denen die Zukunft der EU doch vor allem abhängt.

7. Es geht auch anders

Das Programm MoBiPro-EU zielt in erster Linie darauf, einem sich vor allem mit dem demografischen Wandel abzeichnenden Mängel an qualifizierten Arbeitskräften in der deutschen Wirtschaft zu begegnen. Dass damit auch die extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit in europäischen Regionen, wenn auch sehr begrenzt, gelindert werden kann, ist als Nebenwirkung sicher erwünscht, allerdings im Umfang begrenzt. So könnten mit dem zunächst vorgesehenen Etat von 140 Mio €, nicht einmal 10.000 junge EuropäerInnen gefördert werden. Das ist kein großer Wurf, eher Tropfen auf heiße Steine im Europas Süden. Wenn Deutschland qualifizierter Arbeit und Ausbildung für junge Arbeitslose in europäischer Verantwortung fördern will, wird man sich überlegen müssen, wie in den Regionen der Massenarbeitslosigkeit eine berufliche Zukunft für junge EuropäerInnen geschaffen werden kann. Es ist auch unsere Verantwortung, sich darüber Gedanken zu machen, wie sich in den europäischen Krisenregionen neue Perspektiven für die dort lebende Jugend eröffnen könnten. Eine wachsende Spaltung Europas in verarmende Regionen und Menschen und in weiter prosperierende Gebiete wird auch auf die prosperierenden zurück schlagen. Auf Dauer ist es ohnehin illusionär – es sei denn, die Europäische Union bricht unter Steigerung nationaler Antagonismen wieder auseinander. Dazu wurden im 20. Jahrhundert zur Genüge Erfahrungen gesammelt….

Vor knapp einem Jahr haben Hans-Jochen Vogel und Erhard Eppler in einem gemeinsamen Artikel vorgeschlagen, dass die Bundesregierung angesichts ihrer im EU-Vergleich sehr vorteilhaften Haushaltslage ein durchaus milliardenschweres Zusatzprogramm zur Linderung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa auflegt . Zielsetzung eines solchen Programms wäre es allerdings, sinnvolle und zukunftsträchtige Beschäftigung vor Ort in den Regionen mit extrem hoher Jugendarbeitslosigkeit zu unterstützen, in Kooperation mit den dortigen politischen Entscheidungsträgern und mit den Gremien der EU. Die beiden elder statesmen der deutschen Politik hatten ihren Vorschlag vor dem europäischen Gipfel gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorgelegt. Meines Wissens wurde der Vorschlag nicht ernsthaft aufgegriffen – kein Grund es angesichts der Dramatik der sich weithin ausbreitenden Perspektivlosigkeit, Lebensunsicherheit, Verzweiflung und manchmal auch Wut in Europas Süden es dabei zu belassen. Dazu ein spezifischer Vorschlag:

Deutschland hat sich mit einer, sofern ernsthaft betriebenen, Energiewende das Ziel gesetzt, in einem überschaubaren Zeitraum die Stromversorgung vollständig aus erneuerbaren Energien zu organisieren und den weiteren Energiebedarf nur noch mit vergleichsweise geringen Emissionen von Treibhausgasen. Dieses Vorhaben hat dann durchschlagende Wirkung zur Eindämmung der Klimaverschlechterung , wenn ihm auch andere Länder folgen, zunächst in der EU. Deutschland kann daher seine Energiewende-Politik mit einem Angebot zur Zusammenarbeit mit den südeuropäischen Krisenstaaten von Bulgarien und Griechenland bis Portugal verbinden. Der Vorschlag ist, mit gezielten Programmen des gegenseitigen Zusammenwirkens Arbeit und qualifizierte Ausbildung in dortigen Regionen zu unterstützen. Inhalt dieser Programme könnten Schritte zum Ausbau des erneuerbaren Energiesektors, der Entwicklung dazu geeigneter intelligenter Stromvernetzung, sowie Maßnahmen der Energieeinsparung und der Steigerung der Energieeffizienz sein.

Die Perspektiven einer Energiewende und die Möglichkeiten, mit ihr sinnvolle und dauerhafte Arbeit zu schaffen, sind gerade in Südeuropa enorm. Damit kontrastiert eine Politik, welche diese Chancen bisher nicht nutzt und – wie im Fall Spanien – derzeit sogar in krasser Form konterkariert. Teilweise ist das der von der Europäischen Union und insbesondere der deutschen Regierung durchgesetzten strengen Austeritätspolitik geschuldet.

Dennoch: Regionen wie die südlichen Gebiete von Portugal und Spanien, Sizilien oder das südliche Griechenland haben bezüglich der Sonnenstrahlung, also der Leistungsfähigkeit der solaren Energieträger, fast nordafrikanische Bedingungen. Gegenden wie der Umkreis der Meerenge von Gibraltar und der iberischen Atlantikküste generell sind hervorragehnd für Windkraftanlagen geeignet. Auch Und insgesamt ist die Sonneneinstrahlung überall weitaus günstiger als z.B. in Deutschland. So hat keine andere Zone Europas hat nach seiner klimatischen Lage bessere Voraussetzungen, um zu einer Vollversorgung elektrischer Energie aus Wind, Sonne, Wasser und ggf. Meeresströmungen zu gelangen. Und vor allem: Die solare Energiewende bietet Arbeits- und Berufsperspektiven für die dortige Jugend.

In noch stärkerem Maß gilt das für die Bereiche Einsparung und Effizienz. Es würde hier zu weit führen, die hier möglichen Handlungsräume und vor allem ihre arbeitsfördernden Wirkungen im einzelnen zu belegen. Die EU-Kommission hat im Zuge ihrer allerdings stark abgeschwächten Richtlinien zur Steigerung der Energieeffizienz alle Mitgliedsstaaten aufgefordert, auch arbeits- und wirtschaftsfördernde Wirkungen von Maßnahmen zu analysieren. Für Spanien liegen, ungeachtet des Attentismus der Regierung in fragen der Energieeffizienz, Ergebnisse vor. Demnach würde allein eine Steigerung der Energieeffizienz um 20% zusätzlich zwischen 170.000 und maximal 600.000 zusätzlichen, meist qualifizierten Arbeitsplätzen erbringen . Nach einer anderen Untersuchung würde das zu 270.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen direkt im Wirtschaftssektor und zu 750.000 Arbeitsplätzen unter Einrechnung dadurch induzierter Arbeit in anderen Sektoren führen .

Soweit der Vorschlag einer arbeitsfördernden Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Energiewendepolitik, der sich im übrigen in anderen für die Zukunftsgestaltung Europas zentralen Handlungsfelder leicht ergänzen ließe. So weist die Klimaforschung in ihren Szenarien seit langem darauf hin, dass insbesondere südeuropäische Regionen mit der Klimaverschlechterung besonders stark von einer Degradation der Böden, Abnahme der Bodenfruchtbarkeit und von weiträumiger Desertifikation Betroffenen sein wird. Wenn wir in Europa diese höchst beunruhigende Entwicklung eindämmen wollen, müssen wir sofort beginnen zu handeln. Konzepte sind in der ökologisch ausgerichteten Diskussion zur Landbewirtschaftung lange entwickelt. Etwa die Einhegung von Feldern durch Hecken und andere Gehölze und eine entsprechende Sicherung der Bachläufe. Oder die Umstellung auf Formen der Wald-Landwirtschaft, wie sie derzeit in der afrikanischen Sahelzone von Bauern mit durchschlagenden Erfolgen praktiziert werden. Schließlich überhaupt die Wiederbewaldung verkarsteter oder stark von Erosion bedrohter Zonen. Alles das wären umfangreiche Programme für durchaus qualifizierte Arbeit, in Regionen, in denen ein hoher Anteil der Bevölkerung von Landbewirtschaftung lebt oder gelebt hat und damit prinzipiell über entsprechende Kenntnisse verfügt bzw. ausbildungsfähig ist.

8. In die Hände gespuckt

Über die geringen Erfolgsaussichten der Vorschläge mache ich mir wenig Illusionen. Dennoch wäre es falsch aufzustecken statt dort zu handeln, wo das möglich ist. Deshalb setze ich fürs erste auf das eingangs geschilderte kleinräumige Energiewende-Projekt in einem andalusischen Landort. Mit KollegInnen dort werden wir diesen Sommer eine Energiesparkampagne starten und dabei auch testen, ob die Beteiligten in Zukunft davon leben können, als anteilig an den Energieeinsparungen mitverdienende BeraterInnen von Betrieben, Institutionen und Haushalten in der Region zu arbeiten . Vor allem aber möchten wir durch Auswertung und Verbreitung unserer Erfahrungen versuchen, ähnliche Impulse auch für andere Orte und Gebiete in Südeuropa zu geben. Vielleicht bewegt sich dann doch mal etwas auf europäischer Ebene – und vielleicht begreift man endlich in deutschen Regierungskreisen, dass Südeuropas Zukunft auch die unsere ist.

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