Erfahrung und Gesellschaftsform. Methodologische Probleme wissenschaftlicher Beobachtung. kohlhammer philosophica, Stuttgart 1972. 151 S.
Beim Buch handelt es sich um die überarbeitete, teils verkürzte, teils ergänzte Fassung meiner Dissertation. Diese ist durch ein Referat angestoßen worden, das ich 1967 im Philosophischen Seminar in Heidelberg zur Möglichkeit einer Privatsprache über Sinneseindrücke gehalten habe. Interesse an diesem Thema hatte ich, weil wir uns in einer Studentengruppe damals intensiv mit dem sog. „Positivismusstreit“ auseinandergesetzt haben. Adorno, Habermas, Albert und Topitsch waren die Hauptakteure in dieser Auseinandersetzung um Objektivität und Wertfreiheit in der Sozialforschung.
Nach dem klassischen Neopositivismus (Mach, Carnap, B. Russell etc.) stellt sich der Erfahrungsbezug der Wissenschaften in letzter Instanz über Sinneseindrücke her. Damit läge die letzte Geltungsinstanz von Theorien, die sie von spekulativer Erkenntnis unterscheidet, in je nur dem einzelnen Beobachter zugänglichen Daten und es bleibt ungeklärt, wie sie intersubjektiv kontrollierte Geltung erlangen kann, die wissenschaftliche Theoriebildung auszeichnet. In meiner Dissertation und dem Buch rekonstruiere ich über Schriften der heute fast vergessenen Philosophen Rudolf Carnap und (teilweise) Herbert Feigl (nicht ins Buch übernommen), wie sich aus nur unmittelbar zugänglichen Sinnesdaten intersubjektiv nachvollziehbare Aussagen logisch rekonstruieren lassen – und wie dieses Vorhaben „glorios“ scheitert. Ich diskutiere anschließend weitere wissenschaftstheoretische Ansätze zum Erfahrungsbezug von Wissenschaft (W. Sellars, K. Popper, K. Feyerabend), die sich alle auf die These zurückführen lassen, dass die Geltung von Erfahrungssätzen selbst durch Theorien überprüfbar und so vor nicht mehr wissenschaftlich kontrollierbaren Annahmen („Ideologien“, Normsetzungen etwa) „geschützt“ werden können.
Aus heutiger Sicht von besonderem Interesse scheinen mir die Schlussfolgerungen, die ich aus meinem „Panorama“ der Kritik ziehe: In Kapitel A.II.2 („Empfindungen als sozialorientiertes Elementarverhalten“), C.IV (Gültigkeit und Zuverlässigkeit von Basissätzen“) und D. („Ansätze einer soziolinguistischen Basistheorie“). Grob zusammengefasst, will ich zeigen, dass wissenschaftliche Beobachtungen nicht zu trennen sind vom sozialen Kontext, in dem sie angestellt und in sprachlicher Form gefasst werden. Damit werden sie noch nicht relativiert, „ideologisch“ oder gar unwahr, aber es wird unabweislich, die sozialen Kontexte, aus und in denen Wissenschaft betrieben wird, quasi metawissenschaftlich immer zu beachten und zu reflektieren. Meine Standards und Gesichtspunkte für Kritik und eigene Position erarbeitete ich mir aus einer Interpretation der „Philosophischen Untersuchungen“ des späten Wittgenstein.
Die soziale Struktur der Erfahrungssprache, In: Neue Hefte für Philosophie, 1, 1972. 24 S.
Der Aufsatz deckt sich weitgehend mit den Überlegungen des Buchkapitels zur Struktur der Erfahrungssprache. Sie gehen aus vom Dilemma der empiristischen Wissenschaftstheorie: dass diese einerseits auf einer intersubjektiven Kontrollierbarkeit von Erfahrungen besteht, anderseits aber nur privat zugängliche Sinneserfahrungen als letzte Instanz anzunehmen geneigt ist. Durch den Nachweis eines primären Sozialbezugs auch von Sinneseindrücken suche ich das Dilemma aufzulösen. Meine weitere These, das mit immer wirksamen gesellschaftlichen Interessen zu koppeln, ist allerdings – wie in meinem Buch – nicht hinreichend ausgewiesen.
Beiträge:
1. Wissenschaftstheorie
2. Methoden der Sozialforschung – lesen…
3. Sozialforschung in Andalusien und Artikel in spanischer Sprache – lesen…
4. Theorie der Arbeiterbewegung – lesen…
5. Schriften in den Niederlanden – lesen…
6. Soziologie und Politik der Arbeitseinwanderung – lesen…
7. Interkulturelle Erziehung – lesen…
8. Ökologie und Umweltpolitik – lesen…
9. Bosnien/Kosovo – lesen…
10. Brandenburg und Berlin – lesen…
11. Europa und „Benachbartes“ – lesen…
12. Atompolitik – lesen…
13. Energie- und Klimapolitik – lesen…
14. Entgrenzte Städte – lesen…
15. Der lange Schatten des Prometheus – lesen…
16. Veröffentlichungen in der Folge des „Prometheus“ – lesen…